Im Inneren des Werks: Das eingravierte Geheimnis von Arnaldo Pomodoro
🇩🇪 Im Inneren des Werks: Das eingravierte Geheimnis von Arnaldo Pomodoro
Es gibt Künstler, die hinzufügen, und andere, die wegnehmen. Arnaldo Pomodoro tat beides: Er erschuf Welten und öffnete sie, um zu zeigen, was in der Materie verborgen liegt.
Sein Name ist untrennbar mit dem Gold des Bronzes verbunden, mit dem klaren Schnitt durch die Oberfläche, mit der geometrischen Form, die sich öffnet, als trüge sie ein Geheimnis in sich. Doch Pomodoro suchte nicht das Rätsel – er suchte die Wahrheit. Diejenige, die unter dem Glanz der Dinge liegt, jenseits des polierten Scheins der Zeit.
Geboren im ländlichen Herzen der Romagna, in einem Italien ohne feste Grenzen, wuchs Pomodoro zwischen Handwerk und Fantasie auf. Als Autodidakt wandte er sich der Kunst zu, begann mit Schmuck und fand schließlich in der Skulptur seine ganzheitliche Ausdrucksform. Sein künstlerisches Tun war nie dekorativ – es war eine offene Wunde im Schweigen.
Schneiden, um zu verstehen
Seine berühmten Kugeln zeigen keine perfekten Welten. Sie sind aufgebrochene Hüllen, mechanische Schatzkammern, Metaphern unserer Zeit. Ihre glatte Oberfläche reißt auf und gibt ein Inneres preis, das lebendig wirkt – mal zerbrechlich, mal bedrohlich. Es sind keine einfachen Skulpturen, sondern Anatomien der Welt, die zeigen, dass selbst Harmonie Risse braucht, um zu bestehen.
Mit ruhiger Meisterhand gravierte Pomodoro in Metall, als würde er schreiben. Seine Schnitte sprechen. Jedes Werk ist ein dreidimensionaler Text, der mit den Augen gelesen und mit dem Körper verstanden wird.
Kunst als Raum
Seine Werke gehörten nie hinter Museumswände. Sie leben draußen – an Orten der Bewegung, des Atems, des täglichen Lebens. Seine Säulen, Scheiben und monumentalen Formen wirken wie Bauwerke aus einer uralten Zukunft, die auf der Erde gelandet sind, um uns zum Nachdenken zu bringen.
Pomodoro fürchtete die Monumentalität nie, doch er machte sie stets intim, menschlich, verständlich. Kein Wunder also, dass viele seiner Werke heute in öffentlichen Räumen stehen – dort, wo Kunst mit der Welt atmet.
Mehr als ein Künstler
Im Laufe der Jahre gründete er einen Ort – nicht nur physisch, sondern auch geistig –, um seine Gedanken zu bewahren und weiterzugeben: ein Raum, in dem Skulptur zum Dialog, zur Bildung und zur kulturellen Provokation wird. Pomodoro glaubte immer daran, dass Kunst dienen sollte – nicht nur schmücken.
Und nun, da seine Hand zur Ruhe gekommen ist, sprechen seine Werke weiter. Sie fordern nicht, verstanden zu werden – sie wollen gefühlt werden. Sie wollen, dass man sich nähert, dass man tiefer blickt. Und sie fordern uns auf, neugierig zu sein. So wie er es war – bis zum allerletzten Tag.